Unserer Demokratie einen Dienst erweisen
Leserbrief zur Schulstruktur-Entscheidung des Nienburger Stadtrates
Der Landrat unseres Landkreises Nienburg hat richtigerweise in der Diskussion um die Einrichtung eines Schulbzirks in Nienburg darauf hingewiesen: „Für den Erhalt der OBS Heemsen werde krampfhaft der Versuch betrieben, eine lokale Lösung durchzusetzen, die jegliche Chance auf eine lokale Ausgeglichenheit torpediere“, so „Die Harke“ vom 29. Mai 2015. Drei Punkte sind bedeutsam:
1. Der Kreistag hat über zwei Jahre beraten, wie eine kreisweit bestmögliche Schulstruktur bei sinkenden Schülerzahlen aussehen kann.
2. Dem Kreistag gehören Mitglieder aus allen Städten und Gemeinden unseres Kreises an, die nicht nur Einzelinteressen vertreten (sollen), sondern das Wohl des Kreises in seiner Gesamtheit im Blick haben müssen.
3. Der Kreistag hat eine zukunftsgerichtete Entscheidung getroffen mit dem Ziel, kreisweit allen Schülerinen und Schülern ein bestmögliches Schulangebot in zumutbarer Entfernung zu bieten; demzufolge hat die OBS Heemsen keine Zukunft.
Die lokale Politik in Heemsen ist darüber verständlicherweise enttäuscht und setzt sich ebenso für ihre OBS ein wie zum Beispiel der CDU-Samtgemeindeverband Steimbke für die Oberschule Steimbke eintritt, weil diese hervorragende Standortbedingungen und eine positive Perspektive für die Zukunft hat. Doch darum geht es nicht. Es geht um das Funktionieren unseres Gemeinwesens. Wesentlich ist: Das höchste demokratisch legitimierte Gremium, der Kreistag, hat eine demokratische Entscheidung getroffen. Zentrales Merkmal unserer Demokratie ist es, dass alle Beteiligten solche Entscheidungen dann auch zu akzeptieren haben, ob sie dem Einzelnen nun besonders gefallen oder nicht.
Die Mitglieder des Nienburger Stadtrates tragen deshalb eine hohe Verantwortung, wenn sie am 16. Juni entscheiden: Es geht nur vordergründig um die Einrichtung eines Schulbezirks. Im Kern entscheiden sie darüber, ob das kurzzeitige Wohlwollen einer Nachbarkommune es wert ist, auf lange Zeit Misstrauen in der Kreispolitik zu erzeugen, weil der demokratische Grundkonsens aufgekündigt wird. Der Konsens, demokratische Entscheidungen zu akzeptieren und nicht auf unterer Ebene zu unterlaufen.
Harke-Redakteur Stefan Reckleben hat in seinem Kommentar unter der Briefmarke in der Ausgabe vom 9. Juni 2015 benannt, was nötig wäre: „Solidarität in der Sache.“ Und zwar Solidarität mit allen Kommunen im Interesse eines wohnortnahen Schulangebots für alle Schülerinnen und Schüler im Landkreis. Nicht Solidarität mit einzelnen Akteuren einer einzelnen Kommune. Die Mitglieder des Nienburger Stadtrates treffen eine Entscheidung mit weit reichenden Konsequenzen für unseren Kreis. Es bleibt zu hoffen, dass sie ihrem Gewissen folgen und unserer Demokratie einen Dienst erweisen. Dafür sind sie gewählt.
Dr. Holger Spreen, Stöckse
Vorsitzender des CDU-Samtgemeindeverbandes Steimbke